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Informationen von Andreas Krebs
Weil es uns und Andreas ein großes Bedürfnis ist, allen Interessierten über die letzten Ereignisse im Knast und die ersten Eindrücke von der neu gewonnenen Freiheit von Andreas Krebs zu berichten, hier ein kleines Interview mit ihm. Andreas Krebs ist nach 16 Jahren Knast nun etwa 4 Wochen draußen. Das Interview wurde 2 Wochen nach seiner Entlassung geführt.
Wie waren deine letzten Wochen im Knast?
Die letzten Wochen waren ein Alptraum. Sie haben mich noch in
Aschaffenburg unter Verschluss genommen und ich hatte kaum eine
Möglichkeit meine Sorgen und Ängste bezüglich meiner Entlassung mit
meinen Leuten im Knast zu besprechen. Es ging soweit, dass ich mir
selbst eine Dröhung besorgen musste, um die Situation auszuhalten und
abzuschalten, sodass auch die Suizidgedanken aufhören.
Ich stand in einem großen Widerspruch, ich konnte mich nicht freuen auf
draußen, sondern ich hatte große Angst vor dem unbekannten. Du lebst
die ganze Zeit in einem Loch.
Zum Glück konnte ich trotz der Absonderung in meinerm Haftraum bleiben,
denn dort hatte ich in den letzten Wochen ein geschmuggeltes Handy auf
Zelle, mit dem ich mich selbst zumindest etwas auf meine Entlassung
vorbereiten konnte.
Ist nicht der Knast dazu verpflichtet einen Gefangenen auf die
Entlassung vorzubereiten?
Sicher, ich habe sogar bei Gericht einen Beschluss erwirkt, der den
Knast dazu aufforderte mich auf meine Entlassung vorzubereiten und neu
zu entscheiden. Das Gericht schloss in ihrem Beschluss selbst die
Gefahr der Flucht aus. Quellen verrieten mir, dass der Knast 2 mal eine
Sitzung diesbezüglich veranstaltet haben. 2 Stunden vor meinem Besuch
mit Freunden haben sie mir dann eröffnet, dass ich verlegt werde. Also
nix mit Entlassungsvorbereitung. Sie haben vermutlich genau gewusst,
dass ich bei einem Ausgang wohl nicht wieder kehren würde (lach).
Wie sieht denn so eine Entlassungsvorbereitung eigentlich aus?
Es kommt auf die Haftzeit an. Es würde viele Sachen geben von Tragen
dürfen der eigenen Kleidung, freies Telefonieren dürfen, bis hin zu
begleiteten Freigang. Der Knast soll dich auf das Leben draußen
vorbereiten, da spielt natürlich die Haftzeit eine Rolle und auch die
Isolation. Null haben sie gemacht, ich konnte mich weder um neue
Kleidung noch eine Wohnung kümmern. Sie zwingen dich das alles illegal
zu machen und das haben ich dann auch gemacht. Ich bin dadurch ein
Risiko eingegangen noch mehr Strafe zu bekommen, aber das war mir egal.
Es ist so wichtig sich auszutauschen.
Du hast dich mit dem Handy also selbst auf deine Entlassung vorbereitet?
(lach) Ja, das Handy hatte ich, wohl wissend, dass ich die Beamten und
Anstaltsleiter alle samt verarsche. So wie sie es mit mir und allen
anderen Gefangenen machen. Ich habe dann viel mit meinen Leuten draußen
telefoniert. Interviews gegeben, es gab auch eine Veranstaltung, wo ich
dann aus dem Knast über die Soliwerkstatt und den Knast mit berichtet
habe.
Ich habe sogar meine Schreibmaschinenbänder mit dem Handy von drinnen
selbst bestellt.
Hast du das Handy mit raus genommen?
Ach nein, das wurde dem zuständigen Beamten wieder gegeben (lach)...
Du bist dann aus Bayern 2 Wochen vor deiner Entlassung nach Hamburg
verlegt worden, wie war das für dich?
Allein außerhalb Bayerns waren die Eindrücke in den anderen Anstalten
auf mich die reinste Reizüberflutung, da ja bekanntlich in bayrischen
Haftanstalten ein anderes Lüftchen weht.
Dort gab es ganz andere Möglichkeiten, wie etwa Telefonieren,
Privatkleidung, Essen und und und.
Jeder Haftraum war mit TV, Kühlschrank, Wasserkocher und so weiter
ausgestattet.
In Hamburg angekommen hatte ich plötzlich den ganzen Tag Aufschluss und
konnte mich viel freier bewegen, als ich es die ganzen Jahre zuvor
gewohnt war. Jedoch war ich wirklich sprachlos über das Verhalten der
meisten Mitgefangenen. So gestaltete sich der ein oder anderen
Gefangene seine Freizeit gemeinsam mit Stationsbeamten: Sie spielten
Tischtennis, oder sah ich auch des öfteren, wie sich Beamte zu
Gefangenen auf ein Schwätzchen und eine Zigarette in die Zelle setzen.
Mir fiel es schwer Freund und Feind zu unterscheiden. Die Hamburger
können sich freuen, dass ich quasi nur zu Besuch war, sonst hätte ich
den Laden auch noch aufgemischt.
Besonders hatte mich jedoch die erste Nacht beeindruckt und sehr
mitgenommen:
So gab es dicke Matratzen, dicke und sehr weiche Kopfkissen und Decken.
Als ich im Bett lag, kamen mir bei diesen weichen Gefühl die Tränen.
Auch in Gedanken an die anderen in Bayern sitzenden Inhaftierten und
Freunde.
Jetzt zwei Wochen nach meiner Haftentlassung geht es mir kaum anders
und jedes mal wenn ich ins Bett gehe habe ich dieses Gefühl.
Wie war der Tag der Entlassung, was waren die ersten Eindrücke von
draußen?
Am Tag meiner Entlassung konnte ich es immer noch nicht glauben, raus
zu kommen.
Als ich vor dem Tor stand atmete ich durch und wurde da schon von zwei
lieben Menschen Empfangen das für mich unglaublich Emotional war und
ich hätte heulen können.
Ein absolut Geiles Gefühl, das ich kaum richtig beschreiben kann.
Jedoch ist zu erwähnen, dass mein Perso, der in der JVA Amberg von
Amtswegen neu angefertigt wurde, nicht auffindbar war. Man hat mich
also ohne Ausweispapiere aus der Haft entlassen.
Lediglich der Entlassungsschein wurde mir ausgehändigt mit dem Vermerk
diesen 6 Wochen aufzuheben, da ich erst in dieser Zeit aus dem
Polizeicomputer mit dem Vermerk Haft ausgetragen werde.
Eigentlich war ich der Annahme das mich die Bullen verfolgen und
observieren, wegen meiner Kontakte und den jahrelangen Kampf gegen das
Schweinesystem (schön dieses Schweinepack nicht angetroffen zu
haben . So wurden Besuche in der JVA ganz genau kontrolliert und
meine Post separat von jemanden aus der Sicherungstruppe zensiert.
Vieles an Post, ob ein- oder ausgehende, wurde als sogenannte
Beweismittel zur Gefangenenhabe genommen. Erst bei der Entlassung wurde
mir das wirkliche Ausmaß an beschlagnahmten Sachen bewußt, da ich
vieles erst dann ausgehändigt bekam. Jedoch sind auch viele
Postsendungen spurlos verschwunden.
Was hast du dann als erstes gemacht?
Wir sind in die Stadt rein, haben was gegessen. Aber allein die
Menükarte überforderte mich. 6 kleine Seiten mit einer Auswahl an
Essen, waren schon zu viel. Ich wusste überhaupt nicht was ich
bestellen sollte, keine Ahnung...... Dann mussten wir Kleidung kaufen,
Schuhe kaufen, ich hatte ja gar nichts, nur das was ich anhatte, aber
ich war in dem Kaufhaus so überfordert ich wollte schnell wieder raus,
die Leute, ich habe die Schuhe nicht mal anprobiert.
Meine Augen haben richtig gebrannt, die Autos waren so schnell. Im
Knast steht das Leben eben still.
Hast du es dir so vorgestellt?
Ich konnte mir nach so vielen Jahren eingesperrt sein, draußen nicht
vorstellen, auch wenn Freunde am Telefon versucht haben es mir zu
erklären.
Nach jedem Ausflug brauche ich eine längere Erholungsphase und muss
dann die ganzen Eindrücke verarbeiten, auch jetzt noch.
Die ganze Auswahl in den Kaufhäusern, Supermärkten und so weiter
überfordern mich noch immer, 17 Tage nach der Entlassung.
Was fällt dir besonders schwer?
Ich kann nur selten allein auf die Straße, Menschenansammlungen und so
weiter gehen mir immer noch sehr nahe. Oft habe ich Sprachaussetzer,
bin plötzlich völlig abwesend und hin und wieder aggressiv und
launisch. Das alles, bedingt durch die Einzelhaft und ständigen
Repressalien haben durchaus ihre Schäden hinterlassen. In den ersten
Tage bin ich abgestürzt und wollte den Frust raus lassen, zum Glück ist
nichts passiert, aber die Aggressionen sind da und es ist ein enormer
Druck.
Auch die Alpträume sind geblieben und ich komme auf ganze vier Stunden
Schlaf am Tag.
Das einzige was mich doch etwas zur Ruhe kommen lässt, ist mein
abendlicher Joint vorm zu Bett gehen. Ja ihr abgefuckten
Anstaltsleiter, ich lebe !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Ich muss vieles neu lernen, auch mit Menschen umzugehen und so weiter.
Ich bin sehr froh, Freunde und Leute um mich zu haben, die mir mit
absolutem Verständnis begegnen und mir die Zeit geben mich etwas zu
erholen. Solche Freunde, die für mich etwas wie Familie geworden sind,
ist das Wertvollste was man sich wünschen kann.
Wie ist deine Situation jetzt? Du hast dir im Knast nichts gefallen
lassen, kannst du schon abschätzen an welchen stellen du draußen
anecken wirst?
Da ich mich also nicht unter Führungsaufsicht durch den Staat stellen
lasse (egal mit welchen Konsequenzen man mir droht), habe ich mich vom
ersten Tag an entschlossen in die Illegalität zu gehen und von dort
meinen Kampf gegen dieses System weiter zu führen.
Ich fühle mich trotz der Vorsicht sehr wohl und möchte behaupten, jetzt
bin ich frei !!!!!!!!
Meine Gedanken sind bei meinen Leuten drinnen. Ich stehe in Kontakt mit
ihnen und arbeite daran, dass unser Austausch weiterhin bestehen bleibt.
Niemals lasse ich mich überwachen oder in irgend einer Form durch dieses
Schweinesystem kontrollieren. Und der Staat kann sich sicher sein, ich
mache es ihnen nicht einfach.
Andreas Krebs
Anmerkung: Andreas wurde am 31. 10. 2014 nach über 16 Jahren, mit einer zwischendurch kurzen Haftunterbrechung von 8 Tagen, entlassen.
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