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Prozesserklärung des Gefangenenkollektivs "Aurora"
und des militanten Kommunisten Massimiliano Toschi verlesen am 27. Mai 2010 im Gerichtssaal von Mailand. PDF
Unsere kollektive Prozesserklärung lassen wir heute zu den Akten legen. Der vorliegende Text ist eine kurze Zusammenfassung.
Zuerst einige Worte zum Umgang unserer Erklärungen durch den erstinstanzlichen Gerichtshof: es ist ein täuschender Umgang, in perfekt inquisitorischem Stil.
Unsere kollektive Erklärung wurde bewusst als Hauptbeweis missbraucht, d.h. zu einem sog. Geständnis umfunktioniert.
Daraus wird klar und deutlich, wie inquisitorisch die Ausübung der Gerechtigkeit dieses Staates ist.
Der Bedarf nach Geständnissen ist bei den Gerichtshöfen unserer herrschenden Klasse gross.
Und in diesem Prozess wurde dieser Bedarf wegen der politischen Schwäche der Anklage noch grösser. Nur über diese Schwäche ist erklärbar, warum eine unserer politischen Erklärungen mittels faulem Trick in ein Geständnis umgewandelt worden ist.
Dieselbe Schwäche erklärt zudem, warum das Gericht, einige Tage vor dem Rückzug in die Beratungskammer drei Laienrichtern ersetzt hat. Dass mehr Namen als Unterzeichner unter diese politische Erklärung gesetzt wurden, wie jene des Genossen Bruno Ghirardi, ist eine weitere Provokation.
Wir wollen nochmals bekräftigen, dass wir den Gerichtshöfen der herrschenden Klasse nichts zu gestehen haben. Der Klassencharakter ihrer Justiz wird einmal mehr klar an den aktuell laufenden Prozessen gegen "Eternit", Pirelli, Fincantieri, in dem die UnternehmerInnen, welche für die Krebs gestorbenen ArbeiterInnen verantwortlich sind, nicht einen einzigen Tag im Knast verbringen werden. Um nicht von Massenmorden zu sprechen. Dazu gehört das Legen falscher Spuren und die frühzeitigen Verfahrenseinstellungen.
Mit unseren politischen Erklärungen und Texten übernehmen wir politische Verantwortung und bezeugen Solidarität gegenüber unserer Klasse. Die Klasse, durch deren Ausbeutung auch der Strukturüberbau jener Justiz gefüttert wird, deren Ausdruck auch dieser Prozess ist. Nur gegenüber der Klasse der Ausgebeuteten und der Unterdrückten sind wir Erklärungen, Ausführungen, weshalb wir vor diesen Schrnaken bürgerlicher Justiz stehen schuldig. Und noch einmal wollen wir diese unbequeme Lage ausnützen, um unser Verhältnis der Einheit mit der arbeitenden Klasse zu bekräftigen und für die Solidarität zu danken, die uns im Verlauf des Prozesses entgegengebracht wurde. Ein Dankeschön, das die grosse Welle menschlicher Wärme nie aufwiegen kann, die uns unter Überwindung der Mauern und Gitter erreichen konnte.
Wie in anderen Stellungsnahmen, so versuchen wir auch mit dieser hier unseren bescheidenen Beitrag zur Wahrheitsfindung zu leisten. Es handelt sich natürlich nicht um die juristische Wahrheit der bürgerlichen Justiz, die uns schon verurteilt hat und verurteilen wird, sondern um die revolutionäre Wahrheit der Klasse, die für das Ende des Ausbeutungs- und Unterdrückungssystems kämpft, für eine klassenlose Gesellschaft, die nicht auf Individualismus sondern auf Gleichheit gründet, die nicht auf den Zweck des individuellen Profits sondern des kollektiven Wohlstandes ausgerichtet ist.
In diesem Sinn ergreifen wir in diesem Prozess das Wort, um nochmals seinen politischen Charakter zu bezeugen. Dieser Prozess ist ein Moment der Offensive, mit der das Bürgertum die Entwicklung des proletarischen Kampfes zu verhindern versucht.
Sie tut es mit den Knüppeln der Einsatzpolizei gegen die ArbeiterInnen, die kämpfenden Jugendlichen und Bevölkerungen und sie tut es mit der Richterschaft und den Prozessen gegen die Avantgarden und Subjektivitäten, die sich auf die strategisch-organisatorische Ebene stellen um der Ausbeutenden Klasse die Macht zu entreissen.
Es sind alles Gegenmassnahmen, zu denen das Bürgertum greift um die Krise ihres Systems zu bekämpfen. Eine Krise, die, wie wir in den letzten drei Jahren erleben konnten, eine der schwersten in der Geschichte des Kapitalismus ist.
In Anbetracht dieser Lage haben wir beschlossen, unsere Schrift mit einem Satz von Karl Marx zu beginnen: "An einem gewissen Punkt ihrer Entwicklung beginnen die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft sich zu den bestehenden Produktionsverhältnissen gegensätzlich zu verhalten, das heisst zu den Eigentumsverhältnissen, worin sich jene Kräfte vorher entwickelt hatten. Diese Verhältnisse als Entwicklungsformen der Produktivkräfte verwandeln sich in ihre Ketten. Und dann kommt es zu einer Epoche der sozialen Revolution.".
Wir haben diese Zitat aus zwei Gründen gewählt. Erstens weil wir unterstreichen wollen, dass unsere Geschichte in ihrer Erzählung durch jene, die uns anklagen, überhaupt nicht vorkommt. Es ist eine Geschichte, die nicht nur Teil der Geschichte der Bewegung der revolutionären Organisationen ist, die ihren Ursprung im `68 der Studierenden und im `69 der Arbeitenden hatten und von den `70 Jahren an die Option der proletarischen Revolution durch die Stellung der Machtfrage wieder eröffnet haben. Uns interessiert denn auch, uns dazu zu bekennen, dass unsere kleine Geschichte ein Tropfen im grossen Fluss der internationalen kommunistischen Bewegung ist, die seit 150 Jahren die einzige wirkliche Möglichkeit zur Überwindung der Ausbeutung des Menschen über den Menschen als Grundlage des Kapitalismus ist.
Der zweite Grund ist, dass der Satz von Marx eine klarsichtige Beschreibung der aktuellen Krisenlage des Kapitalismus ist, einer Krise, die sich in diesen letzten Jahren überschlagen hat.
Krisenjahre, in denen die Ausmasse an vernichtetem Reichtum enorm gewesen sind. Die Sättigung der Märkte verunmöglicht bereits eine produktive Anlage zur Wertsteigerung des überschüssigen Kapitals. Es ist die Überproduktionskrise und der einzige Ausweg ist die Vernichtung der Produktivkräfte einiger zugunsten anderer Fraktionen des Imperialismus. In einem Kontext, wo die Zerstörungen der Umwelt immer verheerender werden.
Auf der äusseren Front bilden sich neue Gleichgewichte zwischen alten und schwächer werdenden Wirtschaftsmächten und neuen aufstrebenden Mächten, die Gegensätze verschärfen sich. Die Tendenz zum innerimperialistischen Krieg wird stärker und es entstehen Kriege um Ressourcen und strategische Stellungen zu hamstern, wie jene, wodurch das afghanische und irakische Volk massakriert werden.
Auf der inneren Front wird auch in unserem Land die Krise ausser wirtschaftlich, auch politisch und institutionell. Der zu teilende Kuchen wird immer kleiner und als Folge davon erleben wir eine immer schärfere Auseinandersetzung zwischen Geschäftslobbys, die mit den verschiedenen bürgerlichen Fraktionen und ihren Parteien verbandelt sind. Eine Auseinandersetzung, in der die Leichen im Keller ans Tageslicht kommen: Korruption, Unmoralität und Verrottung des bürgerlichen Wertesystems.
Auch wenn sie im Kampf um die Verteilung von Macht und Reichtum immer verfeindeter werden, worüber Bankiers, Industrielle und Regierende immer einig sind ist, die Kosten der Krise den Arbeitenden und Volksmassen aufzuerlegen. Sie pflegen die Illusion, die Überwindung dieser Krise sei durch die Intensivierung der Ausbeutung, durch die Auspressung von mehr Schweiss und Blut möglich.
In Tat und Wahrheit ist die immer grössere Verlagerung des von den Volkssektoren produzierten Reichtums zu den UnternehmerInnen ein schon lange andauernder Prozess, der sich mit der Verschärfung der Krise ebenfalls verschärft. Aber diese ganze Umfüllung, die durch die Verringerung der sog. Arbeitskosten, Entlassungen, Kürzungen und Privatisierungen im Gesundheitswesen, in der Bildung und in der sozialen Für- und Vorsorge bewerkstelligt wird und ganze Volksschichten ins Elend gestürzt hat, konnte die Unausweichlichkeit der Krise nicht verhindern.
Sie hat aber eine immer unhaltbarere Lage geschaffen, die zu einer Zunahme der Kämpfe der Arbeitenden und der Volksmassen führt. Sich in erster Person zur Verteidigung der eigenen grundlegenden Interessen zu mobilisieren wird zur unentbehrlichen Entscheidung. Und so wird die Arbeit der MarktschreierInnen und der Profis der Kapitulation gegenüber den Interessen der Herrschenden immer schwieriger.
Diese Kämpfe sind gekennzeichnet durch die schwierige Suche des proletarischen Lagers nach einer Lösung des Problems. Sie drücken Inhalte zur Abwehr der Pläne zur Überausbeutung aus wie: "Wir bezahlen eure Krise nicht", "Für gleiche Arbeit gleichen Lohn", "Gegen Privatisierung und Kommerzialisierung der allgemeinen Güter" (Wasser), "Weniger arbeiten, Arbeit für alle". Aber wie uns auch die Revolte der ImmigrantInnen in Rosarno gezeigt hat, ist die Wirklichkeit der kapitalistischen Ausbeutung ein despotischer und gewalttätiger Machtblock, der von den Geiern der Weltfinanz bis zu den kleinen Sklaventreibern und Vorarbeitern hinunter reicht.
Diesem Machtblock kann nur entgegengetreten werden indem wir lernen Widerstand und Angriff miteinander zu verbinden. Ein Beispiel dazu finden wir in der aktuellen Lage in Griechenland, wo parallel zu den Massenmobilisierungen gegen Aushungerung und Elend eine Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes zur Machtübernahme stattfindet. Die Klassenbewegung, die sich weigert die unerträglichen Kosten der Krise des Systems zu tragen, verhält sich wieder dialektisch zur revolutionären Instanz und findet so eine politische Perspektive.
Wir möchten nochmals bekräftigen, dass der hauptsächliche Pol dieser notwendigen Dialektik die revolutionäre Instanz ist. Die Ebene der Partei, die sich auf das Terrain der Auseinandersetzung zur Machtergreifung begibt. Hierin findet die Arbeit der KommunistInnen ihre Verwirklichung, wie die Geschichte der internationalen kommunistischen Bewegung weitgehend bewiesen hat.
Nur mit der Partei kann die Bewegung der Massen eine revolutionäre Strategie erringen und die Unterdrückung durch einen langandauernden Volkskrieg umstürzen.
Wenn man wie wir, man der Meinung ist, dass diese Entwicklung historisch nicht nur unabwendbar sondern durch die laufende Krise auch noch beschleunigt wird, ist auch klar, dass sie weder durch einen juristischen Prozess und und schon gar nicht durch entsprechende Sanktionen aufgehalten wird.
Die Krise verursacht Krieg und Elend: den Widerstand unterstützen, den Angriff organisieren.
Bauen wir die politisch-militärische Kommunistische Partei der arbeitenden Klasse und des Proletariats auf.
ProletarierInnen aller Länder, vereinigen wir uns: Tod dem Imperialismus, Freiheit den Völkern.