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Der Staat vergisst nicht – Wir auch nicht
Freiheit für alle linksradikalen Gefangenen, Freiheit für Sonja Suder und Christian Gauger!
Seit Mitte September sind Sonja Suder und Christian Gauger als
vermeintliche Mitglieder der Revolutionären Zellen in Frankfurt am Main
inhaftiert. Sie wurden auf Betreiben der Frankfurter Staatsanwaltschaft
von Frankreich ausgeliefert, wo sie über 30 Jahre im Exil aufgrund von
Verfolgung durch deutsche Behörden lebten. Die Behörden werfen ihnen die
Beteiligung an drei Anschlägen mit Sachschäden gegen Zulieferbetriebe für
die südafrikanische Atombombe sowie gegen das Heidelberger Schloss vor.
Diese Vorwürfe stützen sich vor allem auf die unter folterähnlichen
Zuständen erlangte – und längst widerrufene – Aussage von Hermann Feiling.
Dieser wurde schwer verletzt ins Krankenhaus geliefert und unter
Medikamenteneinfluss ohne Kontakt zu Anwält*innen oder Angehörigen
verhört. Hinzu kommt, dass der Kronzeuge Hans Joachim Klein nach über 20
Jahren auf einmal Sonja eine Beteiligung am Opec – Attentat 1975 in Wien
mit 3 Toten vorwirft.
Wir wollen und können nicht beurteilen, ob und was die beiden in den 70ern
Jahren gemacht haben. Wir konnten nicht mit ihnen sprechen, denn sie
sitzen in deutschen Gefängnissen. Aber was wir wissen ist, dass sie sich
für die Befreiung der Menschen, für eine fortschrittliche Gesellschaft
eingesetzt haben. Sie haben sich als Teil der radikalen Linken für die
Veränderung all unserer Lebensverhältnisse eingesetzt. Das weiß auch der
Staat, der mit unbedingten Verfolgungswillen versucht diesen Teil der
Geschichte zu ende zu bringen. Es sollen keine Militanten ungestraft davon
kommen, es soll immer und immer wieder klar gemacht werden, dass der
Widerstand gegen diese Gesellschaftsordnung niemals sicher ist. Wer auch
immer sich „gegen das System“ stellt und wer nicht irgendwann in der Mitte
dieser Gesellschaft oder auch an ihrer Spitzte ankommt, wird scheinbar
unnachgiebig verfolgt und gejagt. Der Staat zeigt sich als unnachgiebig,
niemand soll sich auch nach Jahrzehnten seiner „staatsgefährdenden
Aktivitäten“ sicher fühlen. Wir wissen, dass die konkreten eigenen
Handlungen längst nicht der Maßstab der justiziellen Verfolgung sind, wir
haben bereits zu viele vollkommen willkürliche Verurteilungen gesehen. Wir
wissen aus eigener Erfahrung, dass diesem Staat all jene als gefährlich
und zu bekämpfen gelten, die versuchen eine über diese Gesellschaft
hinausweisende Vorstellung zu entwickeln und durchzusetzen.
Sonja und Christian lehnen bisher weiter jede Zusammenarbeit mit dem Staat
ab. Sie verweigern die Aussage und wollen sich nicht zu Kronzeugen der
staatlichen Geschichtsschreibung machen lassen. Wir haben großen Respekt
vor der politischen Kontinuität, die in ihrem Handeln zu erkennen ist. Wir
wissen, dass ihr Handeln juristisch wie politisch richtig ist. Und auch
wissen wir, dass eine konsequente Aussageverweigerung nicht
selbstverständlich ist, es aber für Linke/Linksradikale selbstverständlich
sein sollte. Deshalb möchten wir sie in diesem Handeln nicht alleine
lassen, wir möchten sie unterstützten und bestärken. Wir möchten gemeinsam
die staatliche Isolierung überwinden und gemeinsam solidarisch weiter
kämpfen: für ein lebenswertes Leben für alle. Wir denken, dass sich
hierdurch eine Diskussion in unseren Zusammenhängen anstoßen lässt, über
Aussageverweigerung, über unsere Selbstkritik und Grenzen, aber auch über
unsere Möglichkeiten und Vorstellungen.
Jenseits von Heldengeschichten nehmen wir ihr Beispiel zum Anlass uns
aktiv mit den Leuten zu solidarisieren, die sich der herrschenden
Geschichtsschreibung widersetzten. Wir solidarisieren uns aufgrund ihrem
konsequenten Eintreten für eine linke Sache, wir solidarisieren uns
aufgrund ihrer miserablen Behandlung und Verfolgung durch die deutschen
Behörden.
Wir wissen, dass es Christian sehr schlecht geht. Er wurde in Frankreich
vor Jahren erfolgreich reanimiert, hat aber durch den Sauerstoffverlust
große Teile seines Erinnerungsvermögens eingebüßt. Wie schwer muss es
sein, für etwas im Knast zu sitzen, für eine Geschichte die nicht die
eigene zu sein scheint? Im Haftprüfungstermin wurde die Aussetzung seines
Haftbefehls beschlossen, doch die Frankfurter Staatsanwaltschaft legte
umgehend Beschwerde ein. Bis hierüber entschieden ist, bleibt Christian
weiter in Haft.
Wenn Nazischlägern Straferlass gewährt wird, wenn die BRD sich stolz
weigert den für die SS mordenden Faber an die Niederlande auszuliefern
oder auch nur zu verfolgen, dann wissen wir, dass der Hauch von
„Gerechtigkeit“ nur der schlechte Atem der deutschen Staatsanwälte ist.
Wir fordern die sofortige Freilassung der Inhaftierten, wir fordern die
sofortige Einstellung der Verfahren. Getroffen sind wenige, gemeint sind
wir alle. Wir haben euch nicht vergessen!
Kommt zum Knastbeben nach Frankfurt Preungesheim, solidarisiert euch!
Sa, den 8.10 um 16:00 vor dem Haupteingang der JVA, obere Kreuzäcker Straße
Schreibt ihnen bitte Postkarten und Briefe:
Sonja Suder
JVA Frankfurt III
Obere Kreuzäckerstr. 4.
60435 Frankfurt
Christian Gauger
JVA I
Obere Kreuzäckerstr. 4
60435 Frankfurt
Hintergründe und weitere Infos u.a:
http://www.woz.ch/artikel/archiv/19239.html
http://www.akweb.de/ak_s/ak538/26.htm
freilassung.de