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Italien: Avin Er
Avni Er wird derzeit in Italien festgehalten. Ihm droht die Abschiebung in die Türkei, wo er Gefahr liefe, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt zu werden.
Momentan wird Avni Er in einem Identifizierungs- und Ausweisungszentrum in der Stadt Bari im Süden Italiens festgehalten. Seine AnwältInnen legen derzeit Rechtsmittel gegen die Ablehnung seines Antrags auf Asyl und internationalen Schutz in Italien ein. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte die italienischen Behörden bereits angewiesen, Avni Er nicht auszuweisen, solange die erstinstanzliche Entscheidung über seinen Antrag auf Asyl und internationalen Schutz noch ausstand. Die rechtliche Vertretung von Avni Er hat den EGMR nun gebeten, diese Anordnung bis zur Entscheidung des Rechtsbehelfsverfahrens zu verlängern. Es ist jedoch möglich, dass die italienischen Behörden Avni Er noch vor Abschluss des Berufungsverfahrens ausweisen.
Avni Er verließ die Türkei 1982 im Alter von elf Jahren und kehrte bislang nicht zurück. Er wurde am 1. April 2004 im Zuge eines internationalen Polizeieinsatzes gegen Personen, die man Verbrechen im Zusammenhang mit Terrorismus beschuldigt, festgenommen. Im Dezember 2006 befand ihn ein Gericht in Perugia der Mitgliedschaft der verbotenen Organisation Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (Revolutionary People's Salvation Party-Front, DHKP-C) für schuldig und verurteilte ihn zu sieben Jahren Haft mit anschließender Ausweisung. Im April 2007 verlangten die türkischen Behörden im Zusammenhang mit seiner Mitgliedschaft in der DHKP-C seine Auslieferung an die Türkei. Dieser Antrag wurde von den italienischen Behörden jedoch mit der Begründung abgewiesen, dass Avni Er sonst Gefahr laufen könnte, zweimal für dasselbe Vergehen vor Gericht gestellt zu werden. In der Türkei ist das Verfahren gegen Avni Er offenbar noch anhängig, was bedeutet, dass er aller Wahrscheinlichkeit nach bei seiner Ankunft in der Türkei festgenommen würde.
Aufgrund der Tatsache, dass in den vergangenen Jahren Mitglieder der DHKP-C in der Türkei gefoltert und misshandelt worden sind, ist Amnesty International der Ansicht, dass ein erhebliches Risiko besteht, dass Avni Er Folter oder andere Misshandlungen sowie ein unfaires Gerichtsverfahren drohen, falls er in die Türkei abgeschoben wird.
Aufgrund seiner Verpflichtungen aus dem Völkerrecht, ganz besonders hinsichtlich des darin verankerten Non-Refoulement-Prinzips (Abschiebungsverbot), darf Italien Personen nicht in Länder zurückführen, in denen ihnen Folter, Misshandlung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
HINTERGRUNDINFORMATIONEN
Italien ist nach internationalem und innerstaatlichem Recht dazu verpflichtet, Personen nicht an Staaten auszuweisen oder zurückzuführen, in denen ihnen Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen würden. Das Prinzip des Non-Refoulement ist in dem Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und dem Protokoll von 1967 verankert sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention, dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Italien ist Vertragsstaat all dieser Verträge.
Recherchen von Amnesty International haben ergeben, dass Folter und andere Misshandlungen in Hafteinrichtungen in der Türkei nach wie vor verbreitet sind. Dies betrifft auch die Polizeidienststellen und Gefängnisse, in denen Avni Er wahrscheinlich festgehalten würde. In den vergangenen beiden Jahren haben sich die Berichte über Fälle von Folter und anderen Misshandlungen gehäuft. Amnesty international geht davon aus, dass Personen, die man Verbrechen im Zusammenhang mit Terrorismus beschuldigt, in Polizeigewahrsam und im Gefängnis besonders der Gefahr von Folter oder Misshandlung ausgesetzt sind. Amnesty International hat Fälle von mutmaßlichen Sympathisanten der DHKP-C dokumentiert, die in Polizeigewahrsam und im Gefängnis Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt waren. So zum Beispiel im Fall von Engin Çeber, der am 10. Oktober 2008 an den Folgen von Folter starb, und in Fällen anderer Personen, die mit ihm verhaftet wurden.
Bisherige Fälle strafrechtlicher Verfolgung solcher Personen, die Vergehen im Namen der DHKP-C begangen haben sollen, geben Grund zur Sorge, dass Avni Er im Gefängnis um sein Leben fürchten müsste. Im Jahr 1999 wurde Mustafa Duyar, mutmaßliches Mitglied der DHKP-C und einer der Angeklagten im Fall des Mordes an dem prominenten Geschäftsmann Özdemir Sabanci in Untersuchungshaft getötet.
Als Mörder wurden Personen mit Verbindungen zu staatlichen Institutionen vermutet.
Amnesty International hat außerdem ein durchgehendes Schema an unfairen Gerichtsverfahren unter der Anti-Terror-Gesetzgebung dokumentiert. Dadurch kommt es zu Verurteilung auf der Grundlage von dürftigem und fragwürdigem Beweismaterial wie z.B. "Geständnissen", die durch Folter erlangt wurden. In einem englischen Bericht von 2006, Turkey Justice Delayed and Denied: The persistence of protracted and unfair trials for those charged under anti-terrorism legislation (Index: EUR 44/013/2006), zeigte Amnesty International routinemäßige Verstöße gegen das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren auf. Darunter fielen: kein Zugang zu rechtlichem Beistand während des Verhörs, unzulängliche ärztliche Untersuchungen, keine Untersuchung von Folter- oder Misshandlungsvorwürfen in Polizeigewahrsam, die Verwendung von offenbar durch Folter oder Misshandlung erzwungenen Aussagen als Beweismaterial vor Gericht, sowie Verstöße gegen das Recht auf ein zügiges Gerichtsverfahren. Auch nach der Veröffentlichung dieses Berichts gehen Amnesty International immer wieder Informationen über unfaire Gerichtsverfahren und andere aufgeführte Verstöße zu. So wurde beispielsweise im September 2008 Selahattin Ökten wegen Teilnahme an bewaffneten Aktivitäten für die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu lebenslanger Haft verurteilt. Seine Verurteilung basierte auf einer dürftigen Zeugenaussage, die offenbar durch Folter erlangt worden war (siehe Amnesty International Report 2009).
EMPFOHLENE AKTIONEN
SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE
* Fordern Sie die italienischen Behörden auf, Avni Er nicht in die Türkei abzuschieben, da ihm dort Folter und andere Misshandlungen drohen und Italien mit seiner Abschiebung somit gegen seine Verpflichtungen bezüglich des im Völkerrecht verankerten Prinzips des Non-Refoulement verstieße.
APPELLE AN
INNENMINISTER
Roberto Maroni
Ministero dell'Interno, Palazzo Viminale
Piazza del Viminale, 1, 00184 Roma, ITALIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 39) 0646 5498 32
E-Mail: liberta.civiliimmigrazione@interno.it
PRÄFEKT
Carlo Schilardi
Prefetto della Provincia di Bari, Palazzo di Governo Piazza Liberta', 1, Bari, ITALIEN
(korrekte Anrede: Dear Prefect)
Fax: (00 39) 0805 2931 98
E-Mail: prefettura.bari@interno.it
KOPIEN AN
POLIZEIDIREKTOR
Head of Police
Dott. Giorgio Manari
Questura di Bari
Via G. Murat Nr. 4
70100 Bari, Italy
Fax: (00 39) 0805 2911 54
BOTSCHAFT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK
S.E. Herrn Michele Valensise
Hiroshimastr. 1-7
10785 Berlin
Fax: 030-2544 0116
E-Mail: segreteria.berlino@esteri.it
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Italienisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. Mai 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY IN ITALIAN, ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:
* Calling on the Italian authorities not to forcibly return Avni Er to Turkey, where he would be at risk of torture and other ill-treatment, as this would violate their obligations under the principle of international law known as non-refoulement.