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Deutscher Menschenrechtspreis an spanischer Folterrichter
Am Donnerstag, dem 12. November 2009, wurde der Herrmann-Kesten-Menschenrechtspreis an den spanischen Untersuchungsrichter Baltasar Garzón verliehen. Garzón hat sich durch das Verfahren gegen den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet Bekanntheit verschafft.
Eine reine PR-Aktion um als Held der Menschenrechte im Rampenlicht des internationalen polit. Zirkus zu stehen. Das Verfahren selbst hatte für Pinochet natürlich keine langfristigen Konsequenzen. Schaut man bei Garzón ein wenig genauer hin, sieht man sich bald mit abscheulichen Fakten konfrontiert. Einerseits lässt Garzón, in seiner Funktion als Untersuchungsrichter, die Verantwortlichen der ehemaligen faschistischen Diktatur unter Franco unbehelligt, andererseits ist er für die Verfolgung und Folter von hunderten linken Basken/innen, Catalanen/innen und Spanier/innen verantwortlich. Nun soll er für sein Schaffen als Menschenrechtler ausgezeichnet werden. Diese Nominierung ist absurd und wird noch viel verwirrender, wenn man die Liste der verfolgten Journalisten/innen anschaut, welche im Juli 2009 durch das P.E.N.-Zentrum (also jenes Institut, welches den Preis verleiht) veröffentlicht wurde. Darin finden sich mehre Journalisten der ehem. baskischen Tageszeitung "Egin," welche verfolgt, verhaftet und anschliessend gefoltert wurden. Der Haftbefehl und der Befehl zur Schliessung von "Egin" ordnete Garzón persönlich an.
Die deutschsprachige Baskenland-Solidaritätsgruppe Euskal Langunak (info-baskenland.de) schreibt dazu in einem offenen Brief an das P.E.N.-Zentrum Deutschland:
Richter Garzón ist des Hermann-Kesten-Preises nicht würdig, weil
- er am Sondergericht für Terror- und Drogendelikte (der Audiencia Nacional) tätig ist, welches nahtlos aus dem "Gericht für Öffentliche Ordnung" (Tribunal de Orden Público) des faschistischen Diktators Franco hervorging und das bis heute Baskinnen und Basken aufgrund ihrer politischen Meinung kriminalisiert, ohne einen einzigen Nachweis auch nur irgendeiner Straftat.
- er 1998 die Tageszeitung Egin und den Radiosender Egin Irratia schließen ließ. Dass diese Maßnahme rechtswidrig war, stellte das Oberste Gericht Spaniens 2009 fest;
- wegen seiner sogar in Spanien umstrittenen Ermittlungsart unter anderem der Chefredakteur von Egin, Jabier Salutregi und dessen Stellvertreterin Teresa Toda zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. Beide sind aufgeführt in der P.E.N.-Liste verfolgter Journalistinnen und Journalisten;
- er als Untersuchungsrichter der Audiencia Nacional Folter im Polizeigewahrsam duldet und unter Folter erpresste Aussagen verwendet. Garzón und der ihn schützende spanische Staat behaupten, ETA-Mitglieder seien dazu angehalten, die Polizei grundsätzlich der Folter zu beschuldigen. Dazu nimmt amnesty international klar Stellung: "Wo solche Annahmen gemacht werden, bevor eine ernsthafte Untersuchung dieser Anschuldigungen erfolgt, entsteht ein Klima, in dem Folter und Misshandlungen begangen werden können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen" (ai, Sept. 2009);
- er keine Ermittlungen gegen jene Polizisten einleitete, die 2003 vier Journalisten und Verlagsmitarbeiter der baskischen Tageszeitung Egunkaria folterten. Garzóns Audiencia Nacional verbot diese einzige auf baskisch erscheinende Zeitung und hat sich bis heute geweigert, das Verfahren einzustellen, obwohl sogar die Staatsanwaltschaft dieses bereits mehrfach forderte: wegen Mangels an Beweisen;
- er Methoden der Untersuchungshaft gegen Häftlinge anordnet, die die UN-Menschenrechtskommission bereits 1997 als "grausame, inhumane und degradierende Behandlung" bezeichnet hat und deren sofortige Beendigung amnesty international und die UN seit vielen Jahren fordern (Stichwort: Incommunicado-Haft);
- er die jüngsten Festnahmen führender baskischer Politiker und Gewerkschafter leitete, deren einziger Grund "die politische Entscheidung der spanischen Regierung ist, einem Teil der Gesellschaft wegen seiner Überzeugungen die Teilnahme am politischen Leben zu verweigern." So formuliert es der Gewerkschaftssekretär der größten baskischen Gewerkschaft auf einer Protestdemonstration zur Freilassung der Gefangenen vor 40.000 Demonstranten in Donostia (San Sebastian).
Das baskische P.E.N.-Zentrum (Journalisten-Zentrum) hat 2007 zu der Tätigkeit der Audienca Nacional im Allgemeinen und Garzóns Aktionen im Besonderen festgestellt:
"Meinungs- und Informationsfreiheit wurden durch die Schließung der Tagszeitung Egin und des Radiosenders Egin Irratia schwer beschädigt. Die Folgen sind heute noch sichtbar. Ansichten und Meinungen wurden kriminalisiert und eine behauptete Verbindung zu ETA war in der Folge das Argument für die Verbote weiterer baskischen Medien. Beispiele sind die Tageszeitung Egunkaria oder das Magazin ARDI BELTZA ? Bürgerrechte und politische Rechte wurden schwer verletzt ?."
(Zitat ende)
Baltasar Garzón ist das Zugpferdchen der spanischen Klassenjustiz. Er ist hauptverantwortlich für die Verfolgung und Folter von hunderten politischen Gefangenen und Exilanten. Er ist ein Untersuchungsrichter, welcher in einem kapitalistischen System faschistische Methoden anwendet und auch noch mit einem Menschenrechtspreis ausgezeichnet wird... soviel zum Thema kapitalistische Menschenrechtslogik. Jeder weitere Kommentar erübrigt sich wohl.
Klassenjustiz zerschlagen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Fotolegende
Der Baske Unai Romano: Vor und nach dem "Verhör" der Guardia Civil. Haftbefehl erlassen von Garzón. Gedächtnisprotokoll der "Verhöre" in der Jungen Welt vom 4.6.2003 auf Deutsch publiziert; zu finden unter: http://de.indymedia.org/2003/06/53696.shtml